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Amstetten-Laichingen

Geschichtliche Entwicklung der ehemaligen WEG-Strecke


Bestrebungen, die auf der Hochfläche der Alb liegenden Ortschaften Laichingen, Merklingen und Nellingen an das Eisenbahnnetz anzuschließen, gehen bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Insbesondere der aufstrebende Ort Laichingen und die umliegende Leinen- und Bettwäscheindustrie erhofften sich durch einen Bahnanschluß bessere Entwicklungs- und Absatzchancen.

Es dauerte jedoch noch mehr als zehn Jahre, bis sich die Bahninteressenten formierten und konkrete Pläne diskutiert werden konnten. Ein 1888 gegründetes Eisenbahnkomitee beauftragte die Bahnplanungs- und - Baufirma Hostmann & Cie, Hannover, Pläne für einen Bahnanschluß an die Hauptstrecke Ulm - Stuttgart aufzustellen. Als Anschlußbahnhöfe kamen Amstetten, Lonsee, Westerstetten und - auf Anregung der Stadt Ulm - der mehr südlich gelegene Ort Beimerstetten infrage. Eine weitere Interessengruppe favorisierte eine ganz andere Linienführung, nämlich von Kirchheim (Teck) über Laichingen nach Blaubeuren. Außer Amstetten war allen vorgeschlagenen Trassen gemein, daß die an eine Bahnverbindung ebenfalls interessierten Gemeinden Merklingen und Nellingen nicht berücksichtigt werden konnten - von hier kam denn auch letztlich die Ablehnung der verschiedenen Trassenvarianten und die zwingende Forderung, den Anschluß in Amstetten zu suchen - nur unter dieser Voraussetzung war man bereit, sich am Bahnbau zu beteiligen. Die Trasse nach Amstetten bot erhebliche geographische Schwierigkeiten, der Anstieg auf die Alb wurde durch ein Seitental über Oppingen gewählt.

Es vergingen dann weitere zehn Jahre, bis eine Realisierung des Projektes in greifbare Nähe rückte. Die Königlich Württembergische Staatsbahn lehnte den Bau der Bahn aus wirtschaftlichen Gründen ab, war doch eine Rentabilität der Strecke kaum zu erwarten.

Inzwischen hatte sich 1899 die WEG gebildet, die u.a. das Projekt eines Bahnbaues von Amstetten nach Laichingen aufgriff und bei der Verkehrsabteilung des Königlichen Ministeriums für auswärtige Angelegenheitert die Konzession für die Strecke beantragte, die am 24. Oktober 1899,erteilt wurde.

Im Juni 1900 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, die so zügig durchgeführt wurden, daß bereits ein Jahr später am 22. Juni 1901 der erste durchgehende Arbeitszug den Endbahnhof Laichingen erreichte.

Die behördliche Abnahme der Bahnanlagen erfolgte am 17. Oktober 1901, der Betrieb wurde am 20. Oktober mit einem großen Fest eröffnet, an dem sich die Bevölkerung der Anliegergemeinden mit Veranstaltungen, Festessen, Reden, Musik, Grußadressen und Böllerschießen beteiligten. Tags zuvor war mit ein wenig Wehmut die Postkutsche zwischen Geislingen und Laichingen zum letzten Mal gefahren.

Die Nebenbahn Amstetten-Laichingen war eine reine Erschließungsbahn ohne große wirtschaftliche Erfolgsaussichten - das war auch der Grund, man sich seinerzeit für die Schmalspur entschieden hatte, um das Verhältnis Baukosten zu wirtschaftlichem Erfolg in etwa zu wahren. Die Beförderungsleistungen waren bescheiden und bewegten sich beim Personenverkehr unter der 100 000-Grenze, beim Güterverkehr lagen sie um 20 000 t/Jahr. Abgesehen von den kriegsbedingten Einbrüchen 1914/15, der Inflationszeit und der Wirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre, gab es kaum Zäsuren oder bemerkenswerte Ereignisse. Lediglich der Autobahnbau 1936/37 forderte der Bahn kurzfristig große Anstrengungen ab, um beachtliche Materialmengen nach Merklingen zu transportieren.

Mit dem 60jährigen Jubiläum, das "groß gefeiert" wurde, nahm man auch endgültig Abschied vom Dampfbetrieb. Zum letzten Mal dampfte es vor dem Jubiläumszug. Bereits 1954 war das Ende der Dampflokära durch die Beschaffung eines Triebwagens eingeläutet und 1956 mit der Zuweisung eines weiteren VT praktisch besiegelt worden.

Anfang der 80er Jahre sah die Zukunft der Nebenbahn Amstetten-Laichingen noch rosig aus, die WEG setzte weiterhin auf die schmale Spur und machte erhebliche Anstrengungen, den Betrieb zu rationalisieren, den Fahrzeugpark zu modernisieren, die Bahnanlagen zu sanieren und das Wirtschaftsergebnis zu verbessern.

1981 kam der viermotorige Schlepptriebwagen VT 31 nach einer vollständigen Grundüberholung in der Hauptwerkstatt Neuffen zurück, VT 30 folgte 1983. Eine Zugbahn-Funkanlage löste 1981 das Streckentelefon ab. Gefährliche Straßenkreuzungen wurden durch Blinklichtanlagen gesichert, mit Landesmitteln wurde der Bahnkörper durchgearbeitet und der Oberbau emeuert, wobei Schienen des stärkeren Profils Forrn 6 zum Einbau kamen. In Laichingen entstand ebenfalls mit Landeszuschüssen eine neue moderne Fahrzeughalle mit Werkstatt- und Wartungsanlagen, neuen Hebeböcken und Wertzeugmaschinen. Die Unterwegsbahnhöfe waren schon seit Jahren nicht mehr besetzt, die letzte Agentur in Nellingen war 1983 aufgegeben worden. Die nicht mehr benötigten Gebäude wurden vermietet und später verkauft.

In den letzten Jahren erfreute sich die Nebenbahn Amstetten-Laichingen ihres besonderen Status, in der Bundesrepublik die letzte öffentlich betriebene Schmalspurbahn für Personenverkehr und Güterverkehr auf dem Festland zu sein - die vielen Besuche von Eisenbahnfreunden, Fotosafaris, Verfolgung des Bahngeschehens in Liebhaberzeitschriften und Bilder auf Titelseiten zeugen von dieser Besonderheit

Das Ende kam plötzlich und unerwartet. Sinkende Leistungen im Güterverkehr, Zurücknahme von Zuschüssen und der aufwendige, jedoch nicht kostendeckende Schülerverkehr ließen die Kostenschere immer mehr auseinanderklaffen. Konnte die Bahnleitung 1981 noch stolz darauf hinweisen, daß rund 90% der Betriebsausgaben durch eigene Einnahmen und zustehende Zuschüsse (Gasölbetriebsbeihilfe, Ausgleich für Sozialtarife) gedeckt waren, sah das Bild fünf Jahre später anders aus. Die WEG sah sich nicht mehr in der Lage, die erheblichen Verluste der Nebenbahn Amstetten-Laichingen (rund 250 000 DM für 1984) durch Rationalisierungsmaßnahmen und Vereinfachung des Schienenbetriebes auszugleichen. Beteiligungen der Anliegergemeinden am Betriebsverlust wurden abgelehnt, ganz im Gegenteil, man votierte für die Umstellung auf Busbetrieb. Lediglich die Gemeinde Amstetten war am Weiterbetrieb der Bahn interessiert und gegebenenfalls bereit, einen Kostenzuschuß zu leisten.

So sah sich die WEG gezwungen, am 25. Oktober 1984 beim zuständigen Ministerium des Landes Baden-Württemberg Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht für die Nebenbahn Amstetten-Laichingen zu stellen. Die Stillegung war für den Fahrplanwechsel Mai 1985 vorgesehen, die Behandlung des Stillegungsantrages im Parlament wurde jedoch mehrfach verschoben. Nach Zustimmung durch das Ministerium wurde der Bahnbetrieb am 31. August 1985 eingestellt und auf Bus und LKW umgestellt.

Der Gleisabschnitt Oppingen - Amstetten einschließlich der Bahnhofsgleise wurde nicht abgebaut. Hier wird seit 1990 unser Museums-Eisenbahnbetrieb durchgeführt.

Quelle: Deutsche Klein- und Privatbahnen Eisenbahn-Kurier-Verlag, mit freundlicher Genehmigung

Aktualisiert am 15.05.2016